Entschädigung von DDR-Vertragsarbeitern aus Mosambik
Berlin: (hib/SAS) Die SED-Opferbeauftragte beim Deutschen Bundestag, Evelyn Zupke, dringt auf eine Entschädigung der früheren mosambikanischen Vertragsarbeiterinnen und Vertragsarbeiter in der DDR. Viele der etwa 17.000 Frauen und Männer, die dort zwischen 1979 und 1989 unter anderem im Braunkohle- oder Kupferbergbau, in der Landwirtschaft oder Textilindustrie tätig waren, seien bereits verstorben. Tausende jedoch warteten noch auf zugesagte Leistungen und eine Anerkennung, so die Ombudsfrau für die Opfer der SED-Diktatur bei einem Gespräch im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe. Zupke appellierte an die Abgeordneten, sich gegenüber der Bundesregierung für baldige Lösung einzusetzen. Aufgrund des Alters der Betroffenen sei Eile geboten. Die Vertragsarbeiter seien „Opfer zweier totalitärer Staaten, die über ihre Köpfe hinweg über sie entschieden und benachteiligt haben“. Es gehe um die Verletzung von Menschenrechten.
Den Vertragsarbeitern, die auf Basis eines 1979 geschlossenen Staatsvertrags zwischen der DDR und der Volksrepublik Mosambik nach Ostdeutschland kamen, sei eine Ausbildung versprochen worden, tatsächlich hätten sie vor allem körperlich anstrengende Tätigkeiten verrichten müssen, so Zupke. Zudem erhielten sie nur einen Teil ihres Lohns: Zur Tilgung von Schulden Mosambiks behielt die DDR 25 bis 60 Prozent des Lohns oberhalb eines Sockelbetrags von 350 DDR-Mark ein. Den Arbeitern versicherte man, dass sie diesen Restbetrag nach ihrer Rückkehr in Mosambik ausgezahlt bekämen. Dies sei aber nicht geschehen, betonte die SED-Opferbeauftragte. Ungeklärt seien auch Rentenansprüche. Diese hätten eigentlich in das mosambikanische Rentensystem überführt werden sollen, aber auch das sei nicht passiert.
Nach dem Zusammenbruch der DDR habe die Bundesrepublik in den 1990er Jahren im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit Zahlungen an Mosambik geleistet - auch mit dem Ziel, den ehemaligen Vertragsarbeitern zu helfen, erklärte Zupke. Doch das Geld sei wahrscheinlich durch Korruption verloren gegangen und den Betroffenen nie zugutegekommen.
Zu einer rein inner-mosambikanischen Angelegenheit werde Fall dadurch nicht, so die Opferbeauftragte. Die Geschichte der Vertragsarbeiter sei ein Teil deutscher Geschichte. Sie betonte, wie schon bei einem öffentlichen Fachgespräch mit Betroffenen, Experten und Politikern Ende Januar im Bundestag, die historische Verantwortung Deutschlands. Trotz der bereits geleisteten Zahlungen durch die damalige Bundesregierung sei das Ziel, die Vertragsarbeiter ausreichend zu unterstützen, nicht erreicht worden. Ihnen sei in Deutschland Unrecht widerfahren, in der Heimat würden sie bis heute als „Madgermanes“ diffamiert. Die Mehrheit von ihnen lebe zudem in prekären Verhältnissen.
Vertreter aller Fraktionen äußerten Anerkennung für das erlittene Unrecht. Die AfD rückte das Schicksal der Vertragsarbeiterinnen und Vertragsarbeiter in die Nähe „moderner Sklaverei“. Die SPD betonte, ihre Geschichte müsse noch stärker als bisher sichtbar gemacht und stärker in die Arbeit der Gedenkstätten einbezogen werden. Die Unionsfraktion forderte für den Fall einer Entschädigungszahlung sicherzustellen, dass das Geld nicht erneut im Staatsapparat Mosambiks verschwinde. Die FDP erinnerte daran, dass die mosambikanische Regierung 2005 die Auszahlung von 50 Millionen US-Dollar an die Vertragsarbeiter angekündigt habe. Habe sich die Bundesregierung dafür eingesetzt, dass das Geld tatsächlich ausgezahlt würde? Einen Vertreter von Bündnis 90/Die Grünen interessierte, ob es Fälle gebe, in denen Mosambikaner Rechtsansprüche gegenüber Deutschland vor Gericht einklagten. Die Linke fragte, welche Art von Unterstützung die SED-Opferbeauftragte als sinnvoll erachte.
Zupke sprach sich wie im Fall anderer Opfergruppen für eine einmalige finanzielle Entschädigung aus. Auch eine Besserstellung im mosambikanischen Rentenrecht sei denkbar, für die sich die Bundesregierung in Gesprächen mit der mosambikanischen Regierung einsetzen könne. Ob sich frühere Bundesregierungen bereits dafür stark gemacht hätten, dass Mosambik Vertragsarbeitern versprochene Leistungen auszahle, wisse sie nicht, sagte die Ombudsfrau. Klagen habe es einzelne gegeben, doch diesen Weg wählten nicht viele Betroffene, weil er als wenig aussichtsreich gelte. Wichtig sei daher jetzt das Signal an die Betroffenen zu senden, dass sie nicht „Opfer zweiter Klasse“ seien.